Metrologische Rückführung

Neue Rückführungspolitik der DAkkS – Fragen aus der Praxis

Angepasste Regelungen der DAkkS
Fachmeldung,

Zum 1. August 2016 traten die angepassten Regelungen der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) für die metrologische Rückführung in Akkreditierungsverfahren in Kraft. Akkreditierte Stellen müssen die geänderte Rückführungspolitik seit diesem Zeitpunkt vollumfänglich anwenden. Die Regelungen zur metrologischen Rückführung sind in der DAkkS-Regel 71 SD 0 005 (Revision 1.4) seit Februar 2016 dokumentiert.

Hier beantwortet die DAkkS einige in der Praxis häufig gestellte Fragen zu den Neuerungen und den daraus resultierenden Anforderungen für akkreditierte Stellen. Wir danken dem Deutschen Verband unabhängiger Prüflaboratorien (VUP) für seine Mitarbeit bei der Zusammenstellung der Fragen.

A. Fragen aus Sicht der Kunden von Konformitätsbewertungsstellen

A1. Wer legt die Forderung für einen DAkkS-Kalibrierschein anstelle eines Eich- oder Werkskalibrierscheins fest?

Die verpflichtende internationale Regel ist ILAC P10:01/2013. Dieses Dokument hat die Europäische Akkreditierungsorganisation EA als verpflichtendes Dokument unverändert übernommen. Die deutsche Ausführung der Rückführungspolitik ist im DAkkS-Dokument 71 SD 0 005 veröffentlicht. Dort wird dargelegt, dass Ergebnisberichte ohne Akkreditierungssymbol (Eichschein oder Werkskalibrierschein) nur nach einer zusätzlichen erfolgreichen Begutachtung der Kompetenz der ausgebenden Stelle anerkannt werden können. Die Vorlage eines Eich- oder Werkskalibrierscheins anstelle eines DAkkS-Kalibrierscheins muss technisch begründet werden.

A2. Sind gültige Werkskalibrierscheine nun alle mit DAkkS-Kalibrierscheinen zu ersetzen?

Wenn ein technischer Grund für die Vorlage eines Werkskalibrierscheins anstelle eines DAkkS-Kalibrierscheins angegeben wird, so kann dieser Werkskalibrierschein – wie im Anhang des Dokumentes 71 SD 0 005 beschrieben – nur nach einer zusätzlichen, erfolgreich absolvierten Begutachtung als Rückführungsnachweis anerkannt werden. Der Werkskalibrierschein muss in diesem Fall nicht durch einen Kalibrierschein mit Akkreditierungssymbol (z. B. ein DAkkS-Kalibrierschein) ersetzt werden.

Ein technischer Grund liegt in diesem Zusammenhang vor, wenn es für die spezielle Kalibrierung nachweislich kein akkreditiertes Kalibrierlaboratorium in Deutschland und dem europäischen Ausland gibt und die spezielle Kalibrierung auch nicht von Nationalen Metrologieinstituten in Europa angeboten wird. Finanzielle oder logistische Kriterien gelten in diesem Zusammenhang nicht als anerkennungsfähige technische Gründe.

A3. Warum muss ein gültig geeichtes Thermometer nun noch DAkkS-kalibriert werden?

Ein Eichschein ist im Sinne der DAkkS-Rückführungspolitik ein Ergebnisbericht ohne Akkreditierungssymbol. Das ausgebende Eichamt ist in der Regel nicht akkreditiert, d. h. die Akkreditierungsstelle muss sich durch Begutachtung von der Kompetenz der die Rückführung ausführenden Stelle überzeugen. Dabei ist die Eichgültigkeit nicht von Belang, da sie aus den gesetzlichen Bestimmungen für eichpflichtige Messgeräte herrührt.

B. Fragen aus der Sicht von akkreditierten Prüflaboratorien

B1. Wie soll die neue Rückführungspolitik der DAkkS bei Prüfungen im biologischen Bereich für Hilfsparameter mit geringem Risikopotential (noch) sinnvoll und wirtschaftlich umgesetzt werden?

Nach DIN EN ISO/IEC 17025:2005 Punkt 5.4.6.2 muss ein Prüflaboratorium über Verfahren für die Schätzung der Messunsicherheit verfügen und diese anwenden. Dies gilt auch für Prüfungen im biologischen Bereich.

Über die Messunsicherheitsbilanzen bekommt man eine Entscheidungshilfe für die Bewertung, welche Messgeräte der Rückführungspflicht unterliegen und welche nicht. Nach 5.6.2.2.1 (DIN EN ISO/IEC 17025:2005) gilt die Rückführungspflicht nicht für Messeinrichtungen und Prüfeinrichtungen mit Messfunktion, für die sich herausgestellt hat, dass der von der Kalibrierung herrührende Anteil wenig zur Gesamtunsicherheit des Prüfergebnisses beiträgt.

Für diese „Hilfs“-Messeinrichtungen (z. B. zur Messung von sog. Hilfsparametern) sind die Anforderungen durch das Prüflaboratorium zu formulieren und die Einhaltung derselben durch eine Eingangsprüfung (4.6 und 5.5.2, DIN EN ISO/IEC 17025:2005) nachzuweisen. Zwischenprüfungen nach 5.5.10 (DIN EN ISO/IEC 17025:2005) müssen anschließend in festgelegten Abständen durchgeführt werden, um die fortdauernde Erfüllung der Anforderungen durch diese „Hilfs“-Messeinrichtungen nachzuweisen. Es bietet sich an, als Eingangsprüfung einmalig eine reguläre Kalibrierung zu wählen. Für die Zwischenprüfungen kann auf eigene Verfahren oder auf sogenannte Werks- oder ISO-Kalibrierungen zurückgegriffen werden.

B2. Als Prüflabor führen wir die Kalibrierung unserer Pipetten (halbjährlich nach DIN ISO 8655) selbst durch.

Unsere „Pipettenprüfung“ ist bereits begutachtet und vom Gutachter im Rahmen der Reakkreditierung akzeptiert worden. Im letzten Abschnitt der Seite 3 des DAkkS-Merkblattes heißt es:„Da dies für den Nachweis der metrologischen Rückführung nach Punkt 6 nicht zutrifft, sollte diese Art des Nachweises [hier: interne Kalibrierung] nur dann angewendet werden, wenn die metrologische Rückführung nach den Punkten 1 bis 4 nicht möglich ist.“

  • Was bedeutet die Formulierung „sollte“? Dürfen wir unsere Pipetten selbst rückführen? Zudem steht in den Leitlinien 71 SD 4 027 unter Punkt 7.a „Interne Rückführung: Prüfung gemäß DIN ISO 8655-1, 7.3 Prüfung durch den Anwender“
  • Wie könnte eine Eignungsprüfung für die Pipettenkalibrierung aussehen?

Die Rückführung der eigenen Pipetten steht jeder Konformitätsbewertungsstelle (z. B. Prüflaboratorium oder medizinisches Laboratorium) frei. Dabei muss sie dieselbe Kompetenz für diese Kalibrierungen (=Rückführungen) besitzen wie ein dafür akkreditiertes Kalibrierlaboratorium.

Diese spezielle Kompetenz ist von der DAkkS durch Begutachtung zu überprüfen und zu dokumentieren. Kompetenz steht in diesem Zusammenhang für Wissen und Erfahrung des Personals bzgl. dieser Kalibrierungen, dokumentierte Verfahren für die Kalibrierung (z. B. nach DIN EN ISO 8655-1, -2 und -6 in Verbindung mit DKD-R 8-1) und die Messunsicherheitsbestimmung, der Kalibrieraufgabe angemessene Räumlichkeiten und Umgebungsbedingungen sowie auf dem ordentlichen Weg (Punkt 1 bis 4 der DAkkS-Rückführungspolitik, ggf. auch Referenzmaterialien nach Punkt 5) extern rückgeführte Messeinrichtungen und Normale.

Das Wort „sollte“ ist direkt aus der grundlegenden verpflichtenden internationalen Regel ILAC P10:01/2013 entnommen und ist für den Fall vorgesehen, dass die Rückführung durch nicht akkreditierte Stellen durchgeführt werden soll. Das Dokument 71 SD 4 27 befindet sich gerade in der Überarbeitung, da dort verwendete Sprachregelung nicht in allen Punkten mit der aktuellen DAkkS-Rückführungspolitik verträglich ist.

B3. Wir lassen alle Waagen zusätzlich zur internen Überprüfung einmal im Jahr durch eine dafür akkreditierte Stelle prüfen.

Dabei wird für drei Waagen (die auch a.G. der Gegenprobensachverständigen geeicht sind) ein Kalibrierschein ausgestellt, die anderen Waagen werden in gleicher Weise geprüft und erhalten („nur“) eine Prüfplakette der Firma.

  • Müssen in Zukunft für alle Waagen, an denen entscheidende Einwaagen bzw. Wiegungen (Gravimetrie, Pipettenüberprüfungen etc.) getätigt werden, einen Kalibrierschein vorweisen oder ist weiterhin der einfache Nachweis der Überprüfung ausreichend? Muss die Überprüfung durch einen akkreditierten externen Dienstleister erfolgen?

Für alle Waagen, mit denen für die Ergebnisse entscheidende Einwaagen getätigt werden, d. h. die Unsicherheiten der Einwaagen einen signifikanten Einfluss auf die Gesamtunsicherheit des Prüfergebnisses haben, muss die Rückführung gleichermaßen nachgewiesen werden. Wenn es erkennbar keinen technischen Grund für die Inanspruchnahme eines nicht akkreditierten Dienstleisters gibt, müssen DAkkS-Kalibrierscheine vorgelegt werden.

B4. Gibt es konkrete Vorgaben zur Messgenauigkeit eines Thermometers, das zur internen Rückführung dient?

Grundsätzlich ist Folgendes zu beachten: Die Messunsicherheitsbilanzen für die Prüfungen im Rahmen der Akkreditierungen geben Aufschluss über den Einfluss der Temperatur auf die Gesamtunsicherheit des Prüfergebnisses und damit auch Aufschluss über notwendige Messunsicherheit der verwendeten Thermometer (Gebrauchsnormale). Daraus leitet sich die Anforderung an das Thermometer (Bezugsnormal) ab, mit dem die Gebrauchsnormale kalibriert (d. h. verglichen) werden sollen. Die Gebrauchsnormale und das Bezugsnormal stellen dabei zwei Glieder einer sogenannten Rückführungskette dar. Weitere nützliche Informationen hierzu sind im DAkkS-Dokument 71 SD 0 006 zu finden.

C. Fragen aus der Sicht von akkreditierten Kalibrierlaboratorien

C1. Muss man jeden Kunden nach einer möglichen und erforderlichen Rückführung fragen und dies schriftlich bestätigen lassen?

Die Frage und die Dokumentation sind notwendig gemäß der Anforderungen im Rahmen der Prüfung von Anfragen, Angeboten und Verträgen nach Punkt 4.4 der DIN EN ISO/IEC 17025:2005. Darüber hinaus halten wir ein solches Vorgehen für kundenfreundlich.

C2. Dürfen Werkskalibrierscheine von akkreditierten Laboratorien im akkreditierten Bereich ausgestellt werden?

  • Wenn „nein“, wie und was soll dann mit dem Kunden kommuniziert werden, wenn dieser explizit einen Werkskalibrierschein bestellt?

Ja, sie dürfen ausgestellt werden. Dem Kunden sollte aber vor Aufnahme der Arbeiten mitgeteilt werden, dass diese von der DAkkS nicht als Rückführungsnachweise im Rahmen von Akkreditierungsverfahren anerkannt werden.

C3. Sind Kalibrierpunkte in einem DAkkS-Kalibrierschein außerhalb des akkreditierten Bereichs (extra im Schein gekennzeichnet) zulässig und gültig?

Die Regel DAkkS-DKD-5:2010 Punkt 2.2.6 sagt aus, dass in begründeten Ausnahmefällen und in geringem Umfang auch Messergebnisse in den DAkkS-Kalibrierschein aufgenommen werden dürfen, die nicht zum Akkreditierungsumfang des Kalibrierlaboratoriums gehören. Diese müssen im Kalibrierschein deutlich als solche gekennzeichnet sein. Da diese Messergebnisse nicht zum Akkreditierungsumfang gehören, sind sie nicht automatisch Bestandteil der Rückführung. Es bedarf einer zusätzlichen, erfolgreichen Begutachtung der Kompetenz der ausgebenden Stelle, um diese Messergebnisse als Bestandteil der Rückführung anerkennen zu können.

C4. Wie soll sich ein akkreditiertes Labor gegenüber dem Kunden verhalten, ...

  • wenn es selbst für eine Kalibrieraufgabe nicht akkreditiert ist bzw. wenn es keinen anderen akkreditierten Unterlieferanten ausfindig machen kann?

Das akkreditierte Kalibrierlaboratorium sollte dies dem Kunden so mitteilen und ggf. mit dem Kunden eine Kalibrierung außerhalb der Akkreditierung verabreden. Der Nachweis über das Nichtvorhandensein eines akkreditierten Kalibrierlaboratoriums sollte allerdings belastbar sein.

C5. Wie soll sich ein akkreditiertes Labor verhalten, wenn es Sondermessmittel kalibrieren soll?

Diese Sondermessmittel kann das akkreditierte Kalibrierlaboratorium nur außerhalb des Akkreditierungsumfangs kalibrieren, sofern es die erforderliche Kompetenz hat. Die Rückführung dieser Sondermessmittel ist ein klassisches Beispiel dafür, dass Ergebnisberichte ohne Akkreditierungssymbol als Rückführungsnachweise dienen und auch anerkannt werden können, eine erfolgreiche Begutachtung der Kompetenz vorausgesetzt.

C6. Wie soll sich ein akkreditiertes Labor bei der Ausstellung eines bestellten DAkkS-Kalibrierscheines gegenüber dem Kunden verhalten, ....

  • wenn eine definitive Konformitätsaussage im DAkkS-Kalibrierschein nicht getroffen werden kann und der Kunde ein definitives i. O. oder n. i. O. Protokoll wünscht (Beispiel DAkkS-Kalibrierschein für Messschieber, Prüfstifte etc.)?

Das akkreditierte Kalibrierlaboratorium muss dem Kunden erklären, dass Konformitätsaussagen in Kalibrierscheinen nur unter Berücksichtigung der Messunsicherheit zu treffen sind (Punkt 5.10.4.2 der DIN EN ISO/IEC 17025:2005). Als hilfreiche Quellen dienen in diesem Zusammenhang folgende Regeln: DIN EN ISO 14253-1, ILAC-G8:03/2009 sowie JCGM 106:2012.

C7. Was darf in einem Werkskalibrierschein definiert sein, um die Rückführung darzustellen (Mögliche Täuschung des Kunden ausschließen)?

Zunächst sollte das Dokument „Kalibrierschein“ in seinem Titel enthalten, um den beabsichtigten Zweck zu signalisieren. Werkskalibrierscheine unterliegen nicht der Überwachung im Rahmen von Akkreditierungsverfahren. Aus diesem Grund gibt es von der DAkkS keine einzuhaltenden Anforderungen an Form und Inhalte von Werkskalibrierscheinen. Werden Werkskalibrierscheine aber im Rahmen von Akkreditierungsverfahren zur Anerkennung als Rückführungsnachweise eingereicht, so müssen diese die Anforderungen aus 5.10 der DIN EN ISO/IEC 17025:2005 an Kalibrierscheine erfüllen.

Weitere Hinweise sind dem Dokument DAkkS-DKD-MB-3 „Ausstellung von Werkskalibrierscheinen“ zu entnehmen. Dieses Merkblatt hat lediglich einen informativen Charakter.

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T: +49 (0) 30 670591-954

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